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Das Buch
Dagny Juel schreibt über radikale Gefühle, Ausweglosigkeit und Schuld und über die unbändige Macht der Liebe. Dabei steht zumeist die Frau im Vordergrund, die, im Gegensatz zur vorherrschenden Darstellung der Zeit, nicht unschuldig und passiv ist, sondern einen starken eigenen Willen hat und durchaus zum Bösen fähig ist.
Aus dem Nachlaß Dagny Juels sind wenige Erzählungen, vier kurze Dramen und einige Gedichte erhalten. Bei allen steht das Gefühlsleben der Figuren im Vordergrund. Die Rückkehr des unvergessenen Liebhabers, das katastrophale Scheitern einer Ehe, die Wirrungen von Dreiecksbeziehungen – diesen Themen nähert sich Dagny Juel in ihrer lakonischen Sprache über die Gefühle der von Zweifel, Schuld und Eifersucht getriebenen Figuren. Dabei kreisen alle Texte um die Liebe, die als gleichzeitig schaffende und vernichtende Kraft die Schicksale bestimmt.
An das literarische Werk Dagny Juels schließt ein ausführlicher Essay von Lars Brandt an. Ausgehend von ihren Texten, zeichnet er das Bild einer Schriftstellerin, die von ihren Zeitgenossen auf ebenso hochfliegende wie widersprüchliche Weise beschrieben wurde. Stück für Stück fördert er die außergewöhnliche Persönlichkeit und die zerrissene Biographie Dagny Juels zutage – von ihrer behüteten Kindheit in Norwegen über ihre chaotische Zeit in Berlin (wo ein Großteil ihres literarischen Werks entstanden ist), bis zum 5. Juni 1901, dem Tag, an dem sie in einem Hotel im georgischen Tbilissi von einem wirren Anbeter erschossen wurde.
Originalverlag: Weidle
Die Autorin
Dagny Juel (1867-1901) hat die Künstlerszene des ausklingenden 19. Jahrhunderts in Norwegen und Deutschland maßgeblich beeinflußt – wenn auch mehr durch ihre Persönlichkeit als durch ihr Werk. Die Norwegerin unterhielt enge Beziehungen zu Künstlern wie August Strindberg, der ihretwegen eine psychiatrische Klinik aufsuchen mußte und sie mit gnadenlosem Haß verfolgte, und Edvard Munch (dem sie mehrfach Modell stand, etwa für seine »Madonna«); geheiratet hat sie schließlich den Schriftsteller, Trinker und Satanisten Stanisław Przybyszewski, der ihr Untergang wurde. Sie gilt als »Femme fatale«, doch hat man es sich mit dieser Charakterisierung zu leicht gemacht. Zu Lebzeiten noch relativ unbeachtet, gelangte der Großteil ihres Werks erst Jahre nach ihrem gewaltsamen Tod an die Öffentlichkeit. Erstmals erscheinen nun ihre gesammelten Texte in deutscher Sprache.